DALIKO
Alexandra MARATI
http://www.galerie-daliko.com/alexandra-marati.html

© 2024 DALIKO
Galerie

Seit 2012 zeigt die Galerie DALIKO in Krems ein facettenreiches Programm von namhaften zeitgenössichen KünstlerInnen. Der Erfolg und das große Interesse an Kunstprojekten lieferten den Anstoß, 2016 den Verein DALIKO - österreichische Galerie und Projektwerkstatt für zeitgenössische Kunst und internationalen künstlerischen Dialog zu gründen.

Der Verein lädt etablierte heimische und internationale KünstlerInnen ein, ihre Arbeiten in der Galerie auszustellen und vermittelt vor allem KünstlerInnen aus Niederösterreich Ausstellungsangebote in ausgewählten Ländern. Darüber hinaus initiiert und kuratiert der Verein länderübergreifende Projekte und führt Workshops, Seminare, Kurzfestivals und Symposien durch.

2019 übersiedelt der Verein in die neu konzipierten und renovierten Räumlichkeiten des alten FF-Hauses Egelsee. Im Mai 2019 ist die neue Venue für Ausstellungen sowie Kunst- und Kulturveranstaltungen eröffnet.

Alexandra MARATI

www.alexandramarati.com

Im Sog der Zeit

Alexandra Marati thematisiert in ihren stimmungsvollen, fiktiven Bildern Erfahrungen und Einsichten von ihren mentalen Reisen durch Raum und Zeit. Urbane Szenerien und meditative Landschaften wechseln sich einander ab, laden uns in eine, durch die Vergangenheit geprägte, heutige und, hauptsächlich, zukünftige Zeit, ein. In den Werken verarbeitet sie ihre Obsessionen mit manchmal figurativen, andersmal undefinierbaren  Flugobjekten, mal trübe mal heiter, die ihr eine Flucht aus dem Alltag erlauben und ihre Bewusstseinsebene erweitern. Die solchen, von Sog befallenen, Routen ihrer Werke machen uns mit Fragen nach dem menschlichen Dasein vertraut. Dadurch entsteht eine kuriose, voller Neugierde und ungewisser Hoffnung, bevorstehende Welt.

Dimensionen, Perspektiven, Zuversicht

Aspekte der Utopie in der Kunst Alexandra Maratis

Alexandra Maratis Gemälde und installative Arbeiten sind narrative Sinnbilder des menschlichen Daseins mit all seinen Widersprüchen, positiven Utopien, Paradoxien, chaotischen Strukturen und Abgründen. Die Künstlerin thematisiert vieles, bis hin zu existenziellen Fragen nach Realität und Fiktion, Macht und Ohnmacht, Ausbeutung und Imperialismus, Krieg und Zerstörung, Verlust, Einsamkeit, Gastfreundschaft und Ausgrenzung, Vereinzelung und Anonymität des Menschen im Moloch der Großstädte.

Das Visionäre wie auch Wirkliche spielen ihren Arbeiten gleichermaßen nicht zu unterschätzende Rollen. Die Künstlerin zeigt uns meist urbane Szenerien, von denen wir nicht wissen, ob sie einladenden oder abweisenden Charakters sind, ob sie weit in der Zukunft liegen oder ob wir selbst Teil des Dargestellten sind. Roboter, nicht immer klar definierbare Fahrzeuge und Flugobjekte bevölkern unübersichtliche Architekturen, die in ihrem transparent-kristallinen, massiv-backsteinähnlichen oder metallischen Charakter wuchern und sich gleichzeitig aufzulösen scheinen. Die Gegenwart wie auch eine indifferente bevorstehende Zeit manifestieren sich in einem Augenblick, verschmelzen miteinander, um sich postwendend wieder voneinander zu separieren.

Die Künstlerin vermeidet es ihren Konstruktionen ein unmissverständliches Oben und Unten zu verleihen, wodurch sich offene virtuelle, tatsächliche oder gedankliche Räume eröffnen. Ihre Motive sollen „beweglich bleiben und nicht stagnieren“, sagt sie im Gespräch und ergänzt, dass sie ihre Bilder von allen vier Seiten her malt. So ergeben sich verschachtelte Wirkungsfelder, zerklüftete Sektoren, sich überschneidende Perspektiven moderner Stadtlandschaften oder komplexerer Biotope, die facettenreiche Assoziationsfelder bieten. Es handelt sich gleichsam um interaktive Bilder, die unterschiedliche Blickwinkel offerieren und einen Aufforderungscharakter haben, gedanklich oder emotional weiterentwickelt zu werden.

Überlegungen zur Darstellung des Raumes als Vertiefungsebenen sind ebenso wesentlicher Bestandteil der Bildkompositionen. Ihre Arbeit mit Pinsel, Spraylack und eigens gefertigten Schablonen lässt den Farbauftrag mal aquarellartig durchscheinend und mal undurchdringlich dicht erscheinen. Die Künstlerin bietet keine klassische zentralperspektivische Lösung an, um die Bildräume zu erschließen. Die Betrachter werden quasi angehalten ihren Standpunkt visuell aktiv immer wieder neu zu definieren. Matrixartigen Gitterstrukturen, die mal an solide, mal an einstürzende Hochhäuser denken lassen, stehen orangene, blaue oder punktuell in einem hellen Grün leuchtende Energiezentren gegenüber. Offen zugängliche Interieurs finden sich Seite an Seite mit schwebenden bunkerähnlichen Behausungen, fliegenden Kampfjets und orientierungslosen bewaffneten Figuren, die an auratisch umfangene Comicfiguren erinnern. Eine kaum zu überblickende Flut von Szenen innerhalb eines Gemäldes lässt permanent neue Zusammenhänge entstehen, die einzelnen Bildelemente treten immer wieder auf unterschiedliche Weise zueinander in Beziehung. Man verknüpft individuell, eine übergeordnete Leserichtung der Motive ist nicht gegeben, so dass jeder und jede am Prozess des Findens von Geschichten teilhaben, individuell ins Bild einsteigen und gemachte Entdeckungen weiterspinnen kann.

Die oft nebulöse und desperate Stimmung der Arbeiten ist aber nicht nur ein fiktionaler utopischer Blick in die Zukunft, sondern auch ein Spiegel unserer Zeit. Die Bilder sind immer auch als Reaktionen auf die Bedrohung des Lebens durch Gewalt, Terror, Umweltzerstörung und Krieg zu verstehen. Realität des Alltags vermittelt sich in der Künstlichkeit der Leinwände, Wirklichkeit wird in den Werken dynamisiert und stellt sich in rastloser Bewegung und ständigem Wandel ambivalent dar. Jedes Detail der Bilder scheint energetisch aufgeladen. Je nach Blickwinkel verändern Objekte und Strukturen ihre Erscheinungsform und Inhaltlichkeit. Konkrete Architekturen wechseln zu vegetabilen Orten, palmenumsäumten Häusern oder immergrünen Gärten. Privates wird öffentlich, phosphoreszierende Nebel schaffen Trugbilder und liefern Licht, geben aber gleichzeitig unkalkulierbare Strahlungsenergie ab, Menschen mutieren zu androiden Wesen. Neue gesellschaftliche Konstellationen entwickeln sich, urbanes Leben wird zu einem Organismus, der kaum noch zu kontrollieren ist.

 

In einer Zeit weltweiter Migration kann die Bodenarbeit mit dem Titel BRIDGES, die zusammen mit den Gemälden eine in sich geschlossene Rauminstallation bildet, kaum aktueller sein: Sie stellt eine fiktive Brücke zwischen Westen und Osten dar, die als positives Element Hoffnung und Vertrauen in die Zukunft vermittelt. Die aus spiegelnden Stahlmagnetplatten aufgebaute Plastik besteht aus mehreren flexiblen Modulen, in die mittels Laserstrahltechnik partiell geometrische Muster geschnitten wurden, welche an Grundrisse oder das Straßenrastersystem großer Metropolen erinnern. Der pyramidenförmige Teil der Bodenarbeit ist wie vieles andere der Installation in seinem Sinngehalt zerrissen. Einerseits lässt er an futuristische Wohnblocks oder an eine ganze Stadt denken, die ein beklemmendes Panorama einer durch soziale Kälte, gesellschaftliche Entfremdung und Anonymität bestimmten Welt bieten. Andererseits nimmt das pyramidale Konstrukt Licht und Farbe auf und reflektiert seine Umgebung als eine Art positives Zukunftsbild. Leuchtende Motive und phosphoreszierende Farben in den Gemälden – rosa, pink, orange, blau, violett, gelb und grün – entwickeln in der Spiegelung unvermittelt ein sich ständig veränderndes Eigenleben. Wie in einem Kräfteaustausch scheint die Energie als ästhetische Botschaft der Hoffnung von unten nach oben und umgekehrt zu pulsieren und zu fließen. Die einzelnen Stufen der Pyramide spiegeln sich zudem in sich selbst und konstituieren sich mit zum Teil verzerrten Projektionen der Gemälde als Bild auf geheimnisvolle Art und Weise immer neu. Ein zutiefst romantisches Gedankenspiel: Die Spiegelung des Universellen im Irdischen – oder anders: Ein schöpferischer, sich gegenseitig befruchtender Dialog, das Reflektieren auf die menschliche Existenz.

 

Hartwig Knack

Kunsthistoriker und Kulturwissenschaftler, Kurator

Februar 2019

Cities, Acryl, Sprays, Stifte auf Leinwand, 100 x 100 cm, 2020   € 6.000,-

Exuberance, Acryl, Sprays, Stifte auf Leinwand, 100 x 100 cm, 2020  € 6.000,-

Pink sky, Acryl, Sprays, Stifte auf Leinwand, 100 x 100 cm, 2020   € 6.000,-

Survivors, Acryl, Sprays, Stifte auf Leinwand, 50 x 50 cm, 2020   € 3.600,-

Utopia I, Acryl, Sprays, Stifte auf Leinwand, 80 x 80 cm, 2017   € 4.000,-

Rising Man, Acryl, Sprays, Stifte auf Leinwand, 50 x 50 cm, 2020   € 3.600,-

Exuberance, Stahlmagnet, LAserschnitt, 40 x 40 x 20 cm, 2020   € 3.5000,-