Armin Bardel
Aktuelle Fotografien
17.02. - 09.03.2018
Die Ausstellung bietet einen vielfältigen Überblick über das aktuelle fotografische Schaffen des österreichischen Künstlers Armin Bardel. Für die Präsentation wurden wichtige, in den letzten Jahren entstandene Foto-Serien sowie Theateraufnahmen ausgewählt. Insbesondere sind zentrale Arbeiten aus Bardels gegenwartskritischer Serie „En passant“ zu sehen.
Für die symbolreichen Bilder hat sich Bardel in Atomreaktoren, Vergnügungsparks, abgelegene Gehöfte und an einsame Strände begeben. Fotografien aus Rom zeigen ungewohnte Ansichten der „Ewigen Stadt“ fernab der Touristenströme und setzen sich kritisch mit der römischen Stadthistorie der Gegenwart wie
früherer Jahrhunderte auseinander. Die jüngere Geschichte Österreichs und seiner Nachbarländer reflektiert der Künstler in der Serie „Iron Curtain“. Darüber hinaus sind Puppenstudien und Detailaufnahmen aus Bühnenproduktionen zu sehen, die als eindrückliche Gleichnisse moderner zwischenmenschlicher Beziehungen fungieren.
Armin Bardel (* 1965) studierte Landwirtschaft, Philosophie und Sozialwissenschaften in Wien sowie Fotografie und Fototheorie in den USA. Er arbeitet seit 2000 als freischaffender Künstler und Fotograf.
Seine Arbeiten wurden in vielen Ausstellungen in Österreich und international gezeigt und befinden sich u.a. in den Kunstsammlungen des BMUKK und der Stadt Wien. Der Künstler lebt in Wien, NÖ und Kärnten.
Katzelmacher (Scenenphoto Neue Oper Wien), Digitalphotographie, 30 x 40 cm, 2005
Viola Rühse
Einführung in die Ausstellung „Armin Bardel – Aktuelle Fotografien“
Galerie Daliko, Krems, Vernissage am 16. Februar 2018, 19 Uhr
Die Ausstellung bietet einen vielfältigen Überblick über das aktuelle fotografische Schaffen des österreichischen Künstlers Armin Bardel (*1965). Er studierte Landwirtschaft, Philosophie und Sozialwissenschaften in Wien sowie Fotografie und Fototheorie in den USA. Bardel arbeitet seit 2000 als freischaffender Künstler und Fotograf. Seine Arbeiten wurden in vielen Ausstellungen in Österreich sowie international gezeigt und befinden sich u.a. in den Kunstsammlungen des BMUKK und der Stadt Wien. Für diese Ausstellung wurden wichtige, in den letzten Jahren entstandene Foto-Serien sowie Theateraufnahmen ausgewählt. Sie sind sowohl in Österreich als auch bei den vielen Reisen des Künstlers entstanden.
Im ersten Raum sind zentrale Arbeiten aus Bardels gegenwartskritischer Hauptserie „En passant“ zu sehen. Die Fotografien zeigen, dass Bardel ein sehr guter Seismograf der heutigen Gesellschaft ist. Denn die Aufnahmen thematisieren die extremen Gegensätze, die in der Gesellschaft bestehen und die alltäglich zu bewältigen sind. Bilder von Sendemasten stehen beispielsweise für moderne Kommunikationstechnologie. Die düsteren Aufnahmen von diesen verweisen dabei auch auf die Gefahren der Überwachung durch die moderne Telekommunikation. Neben aktuellen Technologien existieren jedoch weiterhin traditionelle Handwerksformen. Diese werden z.B. im Kärntner Zeughammerwerk Lenhard Müller und Söhne schon seit 1675 gepflegt. Die vorindustriell wirkende Schmiedeapparatur hat Bardel in einer Fotografie besonders ins Zentrum gerückt. Heute kann sich der Traditionsbetrieb nur dank innovativer Designs basierend auf moderner Forschung sowie der besonderen Qualität der traditionellen Werkzeuge noch auf dem Markt behaupten.
Die Landschaftsbilder von Armin Bardel führen einerseits die heute unvermeidliche menschliche Prägung der Natur vor Augen. Der arkadische Albaner See wird z. B. von einer Plastikabsperrung durchzogen. Die daneben zu sehende italienische Idylle mit Ruine spielt jedoch mit der Sehnsucht nach einem von der Moderne unberührten Landstrich. In den beiden Aufnahmen ganz rechts an der Wand rückt Bardel entgegen der heute dominierenden Massentierhaltung das einzelne Nutztier in den Blick. Auf die Bedrohung der Natur durch moderne Atomtechnik macht der Künstler mit Fotos aus Kernreaktoren aufmerksam, die normalerweise nicht zugänglich sind. In Österreich wurde der von Bardel fotografierte Reaktor in Zwentendorf zum Glück nicht in Betrieb genommen.
Der moderne Stadtmensch flüchtet sich jedoch nicht nur in die einsame Natur, deren Erhabenheit Bardel in seiner Serie „Bergportraits“ huldigt. Man entflieht auch gern in das laute Jahrmarktvergnügen. Zu dieser Thematik hat Bardel im Wiener Prater Fotografien aufgenommen, von denen einige im Eingangsbereich sowie im Katalog zu sehen sind. Der Jahrmarkttrubel ermöglicht Zerstreuung und eine Ablenkung von den Verhältnissen, aber nicht deren Verbesserung. Bardel hat den Namen „Elite“ eines Autodroms in den Mittelpunkt einer Aufnahme gerückt. Dieser Name ist jedoch nicht Programm. Denn das Jahrmarktvergnügen ist ein sehr einfaches und primitives wie in Bardels Detailaufnahme eines Muskelprotzes deutlich wird, die im Katalogheft abgedruckt ist.
Im zweiten Galerieraum werden unter anderem Bardels Fotografien aus Rom präsentiert. Sie zeigen ungewohnte Ansichten der „Ewigen Stadt“. Besonders schön ist der Blick von hinten auf die Dachlandschaft von St. Peter. Der Betrachter schaut mit den Statuen der östlichen Domfassade auf Rom, was eine besondere Perspektive auf die Stadt bietet. Die meisten zu sehenden Aufnahmen aus Rom wurden jedoch fernab der Touristenströme aufgenommen. Sie zeigen unter anderem halbfertige Gebäude, Parkplätze und Schallmauern. Die Darstellungen zeugen so vom Alltag und den Bewegungen der Anwohner. Armin Bardel lenkt zudem den Blick auf die vielen Grünanlagen der Stadt. Viele sind wilde urbane Oasen. Denn sie werden weitaus weniger gepflegt als die großen Parks, in denen in erster Linie die Touristen spazieren gehen.
In mehreren Aufnahmen setzt sich Armin Bardel auch sehr kritisch mit der römischen Stadthistorie im 20. Jahrhundert auseinander. Aus kulturhistorischer Sicht halte ich diese Arbeiten für überaus bedeutsam. Es handelt sich um kritische Fotografien von Anlagen, mit denen Mussolini die Welt beeindrucken wollte – wie z. B. das Weltausstellungsviertel und ein monumentales Sportstadion. Nach Mussolinis Sturz wurden diese Areale nicht zerstört und der Umgang der Italiener mit ihnen ist bis heute zwiespältig. Entgegen anderer Fotografen rückt Bardel die faschistischen Anlagen nicht besonders vorteilhaft in den Blick. Er monumentalisiert sie nicht in seinen Aufnahmen, sondern betont die Verfallsspuren. So werden der zeitliche Abstand zum diktatorischen Regime und die politischen Veränderungen zu Bewusstsein geführt. Bei den Aufnahmen von faschistischen Athletenstatuen in einem Sportstadion dekonstruiert Bardel zudem Mussolinis Männlichkeitsideal. Viele andere Fotografen huldigen es heute weiterhin viel zu unreflektiert in Aufnahmen des Sportstadiums. Zu der Athleten-Serie ist im Katalogheft ein Aufsatz von mir zu finden, in dem die Geschichte der Statuen, Bardels Aufnahmen und Vergleiche genauer erläutert werden. Die Möglichkeit einer solchen detaillierten Auseinandersetzung in einem längeren Text ist natürlich auch ein Beleg für die Qualität der Fotografien von Armin Bardel.
Die jüngere Geschichte Österreichs und seiner Nachbarländer reflektiert der Künstler in der Serie „Iron Curtain“. Für die Aufnahmen hat sich Bardel in das Grenzgebiet unter anderem zwischen Österreich und Tschechien begeben. Die Bilder sind geprägt durch eine eine Atmosphäre der Leere, durch Nebel oder einer latenten Gefährdung, denn das Detail einer alten Wippe erinnert beispielsweise an ein Kanonenrohr. Diese eigenwillige Stimmung der Bilder bringt sehr gut die aktuelle politische Lage zum Ausdruck, die leider nicht durch Zuversicht und Optimismus geprägt ist. Auf grundlegende Probleme wurde auch in den österreichischen Medien anlässlich der letzten Wahlen in Tschechien im Oktober hingewiesen. Die Arbeitslosigkeit in Tschechien ist zwar gering, aber die Löhne bleiben weit hinter den westeuropäischen zurück. Die ländlichen Gebiete sind durch Strukturschwäche geprägt. Daraus resultiert eine große Unzufriedenheit und Misstrauen gegen die europäische Politik.
Nach den gesellschaftskritischen Bildern und den Aufnahmen aus Rom und den österreichischen Grenzgebieten thematisiert der letzte Teil dieser Ausstellung soziale Beziehungen. Mit surrealistisch anmutenden Konstellationen von Schaufensterpuppen macht Bardel auf persönliche Dramen aufmerksam. Bei den ausgewählten Opern- und Theateraufnahmen liegt der Schwerpunkt ebenfalls menschlichen Bindungen und emotionalen Befindlichkeiten. Bardels Szenenfotos zeichnen sich durch einen genauen Blick für eindrückliche Gestik und Inszenierungsdetails aus. Auch über die einzelnen Bühnenproduktionen hinaus können die Fotografien als eindrückliche Gleichnisse moderner menschlicher Beziehungen fungieren.
Mit ihren vielfältigen Themen, der inhaltlichen Qualität und der kritischen Perspektive sind die Fotografien von Armin Bardel sehr beachtenswert. Dass diese besondere Ausstellung in Krems zustande kommen konnte, ist der Galeristin und Künstlerin Dalia Blauensteiner zu verdanken. Ich kann Ihnen abschließend nur empfehlen, einen der vom Künstler selbst erstellten Kataloge mitzunehmen. Die Fotografien können natürlich auch erworben werden. Ich wünsche Ihnen viel Freude beim Betrachten der Fotografien und dem Austausch mit dem heute anwesenden Künstler.